Fußballerische Grenzgänger – die deutschen Zuschauer beim VVV

Auf beiden Seiten der deutsch-niederländischen Grenze ist es in den letzten Jahren zu einer deutlichen Zunahme der Durchlässigkeit der Grenze gekommen: War früher nur der Blick in eine Richtung gelenkt, nämlich Richtung Kernland des eigenen Staates, so ist mittlerweile die Grenze so unwichtig geworden, dass sie keine Barriere mehr bei der Auswahl der Freizeitaktivitäten darstellt. Es ist ganz normal geworden, niederländische Zuschauer bei Borussia Mönchengladbach, beim FC Schalke 04 oder beim 1. FC Köln im Stadion anzutreffen. Und auch beim VVV trifft man immer mehr Deutsche aus der Grenzregion, die sich bewusst Venlo als Ort ihrer Fußballleidenschaft ausgesucht haben und hier ihre fußballerische Heimat finden.

 

Studien über das Freizeitverhalten im Grenzgebiet sind allerdings immer noch recht selten. Der Blick auf die neuen paneuropäischen Gewohnheiten lohnt sich aber allemal! Ein Besuch in der urwüchsigen De Koel in Venlo hat mittlerweile nicht nur für niederländische Fußballfans an Reiz gewonnen. Auch in Deutschland erfreuen sich immer mehr Fußballanhänger an der Spielfeldnähe, den übersichtlichen Rängen, einfach dem Fußballspielbesuch für echte Fußballromantiker.

Insbesondere aus dem deutschen Grenzgebiet bemerkt man beim VVV immer mehr Zuspruch. Doch wer sind die Deutschen, die in De Koel pilgern?

 

Im Rahmen einer Befragung aller deutschen Dauerkarteninhaber des VVV hat die Mönchengladbacher Lern- und Bildungsakademie Ergebnisse herausgefunden, die diese Fragen beantworten. Recht eindeutig kann man vor allem deutsche Fußballromantiker mit Hang zur Urwüchsigkeit ihres Sports und der Wertschätzung der eigentlichen Werte des Fußballs feststellen, die noch ein ganzes Stück weg sind von der größtenteils durchkommerzialisierten deutschen Bundesliga oder den noch gravierenderen Auswüchsen in Europa League und Champions League. Zudem sind ein beträchtlicher Anteil der deutschen VVV-Fans regionale Anwohner aus Nettetal, Viersen, dem Kreis Kleve oder generell dem Niederrhein, für die Venlo einfach näher ist als Mönchengladbach, Köln, Gelsenkirchen oder Dortmund. Die Grenze spielt dabei für diese Gruppe von Zuschauern überhaupt keine Rolle mehr - frei nach dem Motto „support your local team“. In diesem Fall gilt als local team tatsächlich der Verein jenseits der früher deutlich wichtigeren Grenze. Schließlich darf man auch nicht diejenigen vergessen, für die Venlo der sympathische zweite Verein neben einem favorisierten deutschen Erstverein ist.

 

Es ist ein kurzer Dokumentationsfilm entstanden, der die Ergebnisse der Studie zusammenfasst. Im Zentrum des Films stehen drei ausgewählte Interviewpartner, die repräsentativ für die Gruppen der deutschen Zuschauer beim VVV stehen: Stefan Seerden aus Viersen-Dülken, der früher bei Borussia Mönchengladbach seine Wochenenden verbrachte und nun die Nähe zum Fußball und die urwüchsige Atmosphäre beim VVV schätzen gelernt hat. Elmar Kreuels aus Wegberg, der im Ehrenrat von Borussia Mönchengladbach sitzt, und seit vielen Jahren für den Verein arbeitet. Er schätzt die Ferne zum kommerziellen Fußball-Business und die Urwüchsigkeit in Venlo, ohne aber seine „große Liebe Borussia“ aufgegeben zu haben. Und schließlich Raphael Braun aus Mönchengladbach, der mit seinem Unternehmen im Rhein-Energie-Stadion in Köln sitzt, viele Clubs aus Deutschland, den Niederlanden und ganz Europa als Sponsor begleitet und für den der VVV mittlerweile auch zu einer Kontaktmöglichkeit für mittelständische Sponsoren aus dem Grenzgebiet geworden ist.  

 

Stefan Seerden erklärt unter anderem: „Der VVV hat mich schon immer interessiert, das ist ja auch ein Stück weit Heimat für mich, ich wohne 20 Kilometer von De Koel entfernt und komme daher immer mit dem Fahrrad zu den Spielen. Die familiäre Atmosphäre zieht mich besonders an. Man kann den Duft des Rasens wahrnehmen, das ist richtige Fußball-Nostalgie. Der Fußball hier ist noch ehrlich und steht im Mittelpunkt, das gefällt mir. Dazu bin ich auch einfach gerne in den Niederlanden. Ich bemerke die Grenze auch gar nicht, für mich ist das genauso Heimat wie mein Wohnort Dülken. Ich versuche mich auch auf Niederländisch zu unterhalten, das zeigt meinen Respekt gegenüber den Niederländern am besten, denke ich.“

 

Elmar Kreuels stellt fest: „Meine erste große Liebe ist Borussia Mönchengladbach, das muss ich zugeben, aber ich bin unheimlich gerne in Holland, bzw. wir, also meine Frau und ich. Vor einiger Zeit habe ich dann angefangen, einzelne Spiele des VVV im Stadion mitzuverfolgen. Seit zwei Jahren haben wir eine Dauerkarte, weil uns dieses kleine, enge Stadion einfach richtig gut gefällt. Der Umgang hier in den Niederlanden ist einfach immer locker und sehr freundlich. Ich habe mich auch noch nie als Deutscher in irgendeiner Form unwohl gefühlt, ganz im Gegenteil: Mir hat hier noch niemand einen blöden Spruch gedrückt und ich fühle mich hier genauso zuhause wie in Mönchengladbach oder Wegberg. Ich verstehe auch Niederländisch recht gut, da ich einige Jahre hier gearbeitet habe.“

 

Raphael Braun sagt: „Wir sind Sponsor beim VVV geworden, weil wir in unserem Kerngeschäft bereits etwa 50 Vereine aus Deutschland betreuen. Nachdem wir angefangen hatten, uns auf Belgien auszuweiten, haben wir 2020 auch einen Blick in die Niederlande gewagt. Die Strukturen sind hier in Venlo ähnlich professionell wie in Deutschland, allerdings macht das Sponsoring auf eine positive Art anders Spaß als in Deutschland. Für uns als Sponsor sind die wirtschaftlich starke Umgebung von Venlo, die Nähe zum Rheinland und die kurzen Strecken in den Niederlanden sehr attraktiv. Es gibt einige deutsche Sponsoren und wir schätzen den wachsenden Austausch sehr. Vor allem jetzt nach der Corona-Pandemie kann der Austausch untereinander richtig beginnen. Als Sponsor wird man hier viel individueller behandelt als auf dem größeren deutschen Markt, was für einen persönlich doch noch einmal angenehmer ist. Dabei nimmt der VVV eine sehr aktive Rolle ein, um die verschiedenen Sponsoren gut zusammenzuführen und zu schauen, wer gut mit wem zusammen passen könnte. Das hilft uns natürlich stark bei der Knüpfung weiterer Geschäftskontakte.“

 

Das Projekt „Fußballerische Grenzgänger“ wurde als INTERREG-Projekt von der Euregio Rhein-Maas-Nord im Rahmen des Programms „People to people“ finanziell unterstützt und durch die Lern- und Bildungsakademie Mönchengladbach und die VVV Foundation realisiert.